Vor der Bundestagswahl: Länder verlangen verstärkte und weitreichende Förderung von Wissenschaft, Forschung und Innovation

2. Wissenschaftsministerkonferenz

Ministerin Bettina Martin, Präsidentin der Wissenschaftsministerkonferenz (Fotos: Konstantin Börner)
Angesichts großer wirtschaftlicher Herausforderungen, politischer Unsicherheiten und disruptiver Technologien sei eine gemeinsame Kraftanstrengung erforderlich, um den Wissenschaftsstandort Deutschland zukunftsfähig zu gestalten, heißt es in dem am Freitag in Berlin verabschiedeten 12-Punkte-Positionspapier. Nur durch eine strategische Ausrichtung, stabile Rahmenbedingungen und gezielte Schwerpunktsetzungen könne die herausragende Hochschul-, Wissenschafts- und Forschungslandschaft Deutschlands weiterentwickelt werden.
Bettina Martin, Ministerin für Wissenschaft, Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten des Landes Mecklenburg-Vorpommern und Präsidentin der Wissenschaftsministerkonferenz: „Wir erwarten von einer zukünftigen Bundesregierung, dass sie sich stärker für Wissenschaft und Forschung engagiert als das bisher der Fall war. Denn dieser Bereich ist der Motoren für die zukünftige Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. Wir dürfen hier international nicht den Anschluss verlieren. In den kommenden Wochen wird viel über die Zukunft Deutschlands diskutiert und entschieden werden. Es ist deshalb jetzt genau der richtige Zeitpunkt für uns Wissenschaftsministerinnen und -minister, uns gemeinsam aufzustellen und unsere Forderungen mit diesem 12-Punkte-Positionspapier in die Zukunftsdebatten einzubringen. Wir brauchen mehr Engagement des Bundes im investiven Bereich; wir brauchen eine bessere Unterstützung der Studierenden; wir brauchen eine stärkere und strategischere Förderung der Entwicklung von Zukunftstechnologien. Ich freue mich, dass wir mit der neuen Wissenschaftsministerkonferenz nun starke Positionen für die Wissenschaft aufbauen können.“
Falko Mohrs, Niedersächsischer Minister für Wissenschaft und Kultur und A-Koordinator in der Wissenschaftsministerkonferenz: „Der Sanierungsstau an den Hochschulen ist riesig und deswegen braucht es eine gemeinsame Kraftanstrengung von Bund und Ländern!“ Und weiter: „Studieren muss man sich auch leisten können. Deswegen braucht es eine umfassende BAföG-Reform mit Sätzen, die mindestens auf der Höhe der Grundsicherung liegen. Das ist ein zentraler Beitrag zu Bildungsgerechtigkeit.“
Markus Blume, Bayerischer Staatsminister für Wissenschaft und Kunst, B-Koordinator in der Wissenschaftsministerkonferenz: „Wir erleben gerade weltweit eine exponentielle Beschleunigung der technischen Entwicklung und müssen feststellen, dass Deutschland nur staunend am Rand steht – statt Treiber zu sein. Schon am Anfang des weltweiten Technologierennens drohen wir den Anschluss bei wichtigen Schlüsseltechnologien zu verlieren. Auf diesen Feldern wird aber über unsere Zukunft verhandelt, über Wohlstand, Souveränität und Sicherheit entschieden. Es wird Zeit, dass wir aufwachen! Die Neuwahl ist der letzte Weckruf. Fakt ist: Unser Land braucht mehr Strategie, mehr Vision und mehr Investition. Wir brauchen eine strategische Forschungspolitik, eine Zukunftsvision für die Wissenschafts- und Forschungslandschaft und eine milliardenschwere Innovations- und Investitionsoffensive. Die neue Bundesregierung muss die Themen Wissenschaft und Forschung, Innovation und Fortschritt viel größer buchstabieren. Und sich zu Deutschland als Land der Innovationen bekennen. Wir brauchen mehr Rückenwind für unsere Hochschulen und Forschungseinrichtungen im Land, vom Hochschulbau über die Definition von Schlüsselmissionen bis zum Transfer. Wichtig wird auch eine bessere Vernetzung von Bund und Ländern und innerhalb Europas sein.“
In ihrer „Wissenschafts-, Forschungs- und Innovationsagenda für ein zukunftsfähiges Deutschland“ adressiert die Wissenschaftsministerkonferenz folgende Handlungsfelder:
Bund-Länder-Offensive im Hochschul- und Forschungsbau
Hochschulen, Universitätsklinika und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen sind Innovationsmotoren. Die Ministerinnen und Minister fordern ein kraftvolles gemeinsames Bund-Länder-Programm zum Erhalt und zur Modernisierung der Gebäudesubstanz, um die negativen Auswirkungen des erheblichen Sanierungsstaus zu lösen und einen Beitrag zu Klimaschutz und Nachhaltigkeit zu leisten.
Modernste Infrastrukturen für die Spitzenforschung
Um das deutsche Wissenschaftssystem zukunftsfest aufzustellen, sind nach Ansicht der Länder starke Förderinitiativen des Bundes für moderne und hochleistungsfähige Großgeräte sowie nachhaltig betriebene Rechenzentren erforderlich. Auch die Dateninfrastruktur bedarf einer gesicherten Perspektive.
Neue Innovationspolitik
Die Entwicklung und Nutzung neuer Technologien wie beispielsweise der Künstlichen Intelligenz (KI), Quantentechnologien und Biotechnologie muss gefördert werden. Die Ministerinnen und Minister fordern eine umfassende „KI-Offensive“ und eine nationale Quantenstrategie.
Unterstützung von Transfer, Ausgründungen und Start-ups
Der Wissens- und Technologietransfer von Hochschulen in die Wirtschaft muss stärker gefördert werden. Optimale Rahmenbedingungen für Start-ups und Spin-offs sind zu schaffen, einschließlich steuerlicher Anreize und regulatorischer Erleichterungen.
Sicherung und Stärkung der Hochschulmedizin
Die Universitätsklinika sind das Rückgrat der Spitzenmedizin. Eine dauerhafte finanzielle Verstärkung der Universitätsmedizin und der klinischen Forschung durch Bund und Länder ist erforderlich, ebenso wie eine zügige Umsetzung der Reform der ärztlichen Approbationsordnung.
Offensive in der Gesundheitsforschung und den Lebenswissenschaften
Die Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung (DZG) benötigen langfristige Förderungen. Das Netzwerk Universitätsmedizin (NUM) sollt verstetigt und in die institutionelle Förderung überführt werden.
Unterstützung der Studierenden
Angesichts gestiegener Lebenshaltungskosten setzen sich die Ministerinnen und Minister für ein höheres BAföG auf dem Niveau der Grundsicherung und die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum für Studierende ein.
Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Karrierewege
Gute Arbeitsbedingungen und verlässliche Perspektiven für Nachwuchswissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler sind entscheidend. Die Länder fordern daher auf eine Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG).
Bürokratieabbau
Ein umfassender Bürokratieabbau ist erforderlich, um die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit der Wissenschaft und Forschung weiterzuentwickeln.
Forschungssicherheit
Angesichts der geopolitischen Lage ist der Schutz von Forschungsprozessen und -erkenntnissen vor illegalen Angriffen und Aneignungen zu gewährleisten.
Neue Form der Zusammenarbeit und Ausbau der Bund-Länder-Kooperation
Die Zusammenarbeit von Bund und Ländern ist zentral für die Weiterentwicklung des Wissenschaftsstandorts Deutschland. Es gilt, bestehende Kooperationen fortzuführen und neue Impulse zu setzen.
Stärkere Vernetzung und Kooperation über nationale Grenzen hinaus
Eine strategische Begleitung der Ausgestaltung des kommenden EU-Rahmenprogramms für Forschung und Innovation ist notwendig.