Kultusminister Konferenz

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Ergebnisse der 325. Plenarsitzung der Kultusministerkonferenz am 5. und 6. März 2009 in Stralsund

Am 5. und 6. März 2009 fand in Stralsund die 325. Plenarsitzung der Kultusministerkonferenz unter dem Vorsitz ihres Präsidenten, Minister Henry Tesch, statt.

Im Mittelpunkt der Beratungen standen folgende Themen:

  • Vereinbarung einheitlicher Kriterien für den Hochschulzugang beruflich qualifizierter Bewerber

  • Stralsunder Erklärung: Einstellung und Ausbildung von Lehrern in den Ländern

  • Serviceverfahren für die Hochschulzulassung

  • Stärkung der Demokratieerziehung

  • Stärkere Unterstützung der Kinder und Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf

 

Vereinbarung einheitlicher Kriterien für den Hochschulzugang beruflich qualifizierter Bewerber

Die Länder haben den Übergang von der beruflichen Bildung in die Hochschulen verbessert und damit eine der zentralen Selbstverpflichtungen der Qualifizierungsinitiative vom Oktober vergangenen Jahres erfüllt. Die Kultusministerkonferenz verabschiedete in Stralsund einen Beschluss, der Inhabern beruflicher Aufstiegsfortbildungen (Meister, Techniker, Fachwirte und Inhaber gleich gestellter Abschlüsse) den allgemeinen Hochschulzugang eröffnet und die Voraussetzungen definiert, unter denen beruflich Qualifizierte ohne Aufstiegsfortbildung den fachgebundenen Zugang zur Hochschule erhalten. Der Präsident der Kultusministerkonferenz, Henry Tesch, bezeichnete die Einigung als „wegweisend“: „Deutschland braucht in Zukunft mehr Hochqualifizierte. Ziel ist es, die Zahl der beruflich qualifizierten Studienanfänger in den nächsten Jahren deutlich zu erhöhen. Wir erleichtern länderübergreifend den Zugang zum Studium für beruflich Qualifizierte und ermöglichen dieser Personengruppe damit den Aufstieg durch Bildung.“

Bislang bestehen bereits in allen Ländern der Bundesrepublik Möglichkeiten des Hochschulzugangs für beruflich qualifizierte Bewerber ohne schulische Hochschulzugangsberechtigung. Die jetzt erzielte Einigung stellt eine echte Harmonisierung beim Hochschulzugang dar und ist damit ein Beitrag zur Stärkung der Bildungsmobilität in Deutschland. Jetzt haben die Länder eine gemeinsame Basis zur gegenseitigen Anerkennung der Hochschulzugangsberechtigung für beruflich Qualifizierte gefunden, die an die Erfüllung bestimmter Voraussetzungen gebunden ist, ohne länderspezifische Ausprägungen auszuschließen.

 

Stralsunder Erklärung: Einstellung und Ausbildung von Lehrern in den Ländern

  1. Die Kultusministerkonferenz hat die Entwicklung des künftigen Lehrereinstellungsbedarfs frühzeitig in den Blick genommen („Lehrereinstellungsbedarf und –angebot in der Bundesrepublik Deutschland Modellrechnung 2002 – 2015“, Beschluss vom 8. Mai 2003). Die Länder haben seitdem unterschiedliche Maßnahmen ergriffen, um den sich abzeichnenden Lehrereinstellungsbedarf zu decken. Hierzu zählen u.a. der Ausbau der Kapazitäten im Vorbereitungsdienst und die Öffnung des Lehrerberufs für sogenannte Seiteneinsteiger.

  2. Dennoch gibt es Mangelsituationen in einigen Lehrämtern, in speziellen Fächern, Bildungsgängen und in bestimmten Regionen. Hinzu kommt, dass sich durch verschiedene Maßnahmen in den Ländern, beispielsweise die Verkürzung der Schulzeit bis zum Abitur auf 12 Jahre, die Ganztagsschule, die individuelle Förderung, aber auch durch ein geändertes Wahlverhalten der Eltern hin zu höher qualifizierenden Bildungsgängen, ein zusätzlicher, insbesondere fachspezifischer und bildungsgangspezifischer Lehrereinstellungsbedarf ergibt.

  3. Seit dem Inkrafttreten der Föderalismusreform am 01.09.2006 können die Länder in der Bundesrepublik Deutschland laufbahnrechtliche, besoldungsrechtliche sowie weitere beamtenrechtliche Regelungen außerhalb des Statusrechts für ihre Beamtinnen und Beamten eigenständig treffen.
    Die Kultusministerkonferenz hat am 20.09.2007 eine entsprechende frühzeitige Informationspflicht der Länder über jeweilige Landesregelungen zur Gewährleistung eines fairen Wettbewerbs auf dem Lehrerarbeitsmarkt beschlossen.

  4. Die Kultusministerkonferenz bittet die offene Amtschef-Arbeitsgruppe „Laufbahn/Besoldung/Versorgung im Schulbereich“ und die Kommission für Statistik, einen Vorschlag für eine gemeinsame Strategie der Kultusministerkonferenz zum Lehrkräftebedarf unter Berücksichtigung der Kapazitäten in den Lehramtsstudiengängen und im Vorbereitungsdienst zu erarbeiten.

 

Es sollen dabei folgende Eckpunkte berücksichtigt werden:

  • Im föderalen System der Bundesrepublik Deutschland obliegt es in erster Linie dem jeweiligen Land für eine ausreichende Zahl von Lehrkräften für die eigene Unterrichtsversorgung zu sorgen. Hierzu gehört insbesondere auch die Bereitstellung von ausreichenden Studienplätzen und Kapazitäten im Vorbereitungsdienst. Eigene Anstrengungen dürfen nicht mit Blick auf Potentiale anderer Länder unterbleiben.

  • Die Länder bekennen sich zum Wettbewerb im kooperativen Bildungsföderalismus. Sie betonen in Wahrnehmung der ländergemeinsamen Verantwortung, dass fairer Wettbewerb eine vertrauensvolle Abstimmung vor allem bei der Rekrutierung von Lehrerinnen und Lehrern aus anderen Ländern bedeutet.

  • Lehramtsstudierende erhalten in allen Ländern eine anspruchsvolle und auf ihre spezifische Berufsaufgabe ausgerichtete hochwertige Ausbildung. Damit länderübergreifend die Ziele und Anforderungen in den lehramtsbezogenen Studiengängen ebenso wie die Mobilität der Absolventen gewährleistet ist, hat die Kultusministerkonferenz nach dreijähriger intensiver Vorarbeit im Oktober 2008 „Ländergemeinsame inhaltliche Anforderungen für die Fachwissenschaften und Fachdidaktiken in der Lehrerinnen- und Lehrerausbildung“ verabschiedet.

  • Quer- und Seiteneinsteigerprogramme sind kein Ersatz für die reguläre Lehrerausbildung. Sie sind ein sinnvolles Instrument zur Überbrückung personeller Engpässe und eine positive Bereicherung für die Schulen. Die Länder werden bei diesen Programmen qualitative Standards beachten.

 

Serviceverfahren für die Hochschulzulassung

Die Ausschreibung, Vergabe und Umsetzung des geplanten neuen Serviceverfahrens für die Hochschulzulassung soll durch einen Projektmanager fachlich betreut und begleitet werden. Die Kultusministerkonferenz wird darauf hinwirken, dass sich mit Unterstützung der Hochschulrektorenkonferenz die Hochschulen an dem neuen Serviceverfahren beteiligen. Das neue Serviceverfahren soll spätestens zum Wintersemester 2011/2012 eingesetzt werden. Die ZVS wird bis zur Einsatzfähigkeit des neuen Verfahrens einen Übergangsservice anbieten, der wesentliche Elemente des endgültigen Systems beinhaltet. Die Kultusministerkonferenz empfiehlt den Hochschulen, von diesem Übergangsverfahren Gebrauch zu machen. Die Hochschulen werden dabei nach einheitlichen Terminen verfahren: spätester Bewerbungsschluss ist der 15. Juli, Mitte August werden Zulassungsbescheide versendet, ab September werden die noch freien Studienplätze in einer Internetbörse bekannt gegeben. Diese Internetbörse soll es den Studienanfängern ermöglichen, sich unmittelbar bei den jeweiligen Hochschulen um einen Studienplatz zu bewerben.

Der Präsident der Kultusministerkonferenz, Henry Tesch, zeigte sich davon überzeugt, dass unter den genannten Vorgaben ein funktionsfähiges, effizientes und sicheres System der Studienplatzvergabe etabliert werden kann: „Das neue Verfahren wird auch zur Entlastung der Hochschulen beitragen. Es wird dann optimal funktionieren, wenn sich alle deutschen Hochschulen daran beteiligen.“

 

Stärkung der Demokratieerziehung

Der 90. Jahrestag der Konstituierung der Weimarer Republik und der Annahme der ersten praktizierten demokratischen Verfassung auf deutschem Boden, der 60. Jahrestag des Grundgesetzes und der 20. Jahrestag der friedlichen Revolution in der DDR im Jahr 2009 sowie der 20. Jahrestag der Deutschen Einheit im Jahr 2010 sind geeignete Anlässe, die herausragende Bedeutung der Erziehung zur Demokratie als Aufgabe schulischer Arbeit hervorzuheben und demokratisches Engagement im Rahmen schulischer Aktivitäten zu würdigen.

Die Entwicklung Deutschlands zu einem sozialen Rechtsstaat in Einheit und Freiheit wäre ohne unsere demokratische Grundordnung und ohne die erfolgreiche friedliche Revolution in der DDR nicht möglich gewesen.

„Wir wissen: Demokratie ist nicht selbstverständlich; sie musste in einem langen historischen Prozess errungen werden. Demokratie ist stets aufs Neue Gefahren ausgesetzt. Dies zeigt die deutsche Geschichte mit zwei Diktaturen im 20. Jahrhundert“, erklärte der Präsident der Kultusministerkonferenz, Henry Tesch.

Die Kultusministerkonferenz will alle in der Schule Mitwirkenden, ganz besonders die Kinder und Jugendlichen, zu Verantwortungsübernahme und Mitgestaltung in Schule und Zivilgesellschaft ermutigen. Inwieweit wir die Möglichkeiten der Demokratie verwirklichen, hängt nicht zuletzt von uns selbst ab.

Um die Demokratieerziehung zu stärken haben die Länder folgende Maßnahmen beschlossen:

 

Zur Weiterentwicklung des Unterrichts

  • Förderung eines fachübergreifenden und fächerverbindenden Unterrichts zur Stärkung der Demokratieerziehung in der Primar- und Sekundarstufe

  • beginnend in der frühen Sekundarstufe I Auseinandersetzung mit der jüngsten deutschen Geschichte einschließlich der Zeit des Nationalsozialismus sowie mit der SED-Diktatur; verstärkte Vermittlung von Kenntnissen des Grundgesetzes und der Länderverfassungen, des demokratischen Systems, der Institutionen und Partizipationsmöglichkeiten; Kennenlernen von demokratischen Institutionen und ihrer Aufgaben, Funktionsweisen und täglichen Arbeit; Entwicklung von Fähigkeiten zur Analyse und Beurteilung diktatorischer Systeme und der ihnen zugrunde liegenden Ideologien

  • verstärkte Integration der Demokratiepädagogik und der unterrichtlichen Auseinandersetzung mit diktatorischen Systemen in beide Phasen der Ausbildung und Fortbildung der Lehrkräfte

  • Förderung einer verstärkten Auseinandersetzung mit der Geschichte, den gesellschaftlichen und politischen Systemen unserer osteuropäischen Nachbarn - aktuell insbesondere Entwicklung eines deutsch-polnischen Geschichtsbuches

  • verstärkte Nutzung außerschulischer Lernorte wie Gedenkstätten, Museen, Orte von Menschenrechtsverletzungen und staatlichen Gewaltverbrechen; Stärkung der Gedenkstättenpädagogik, Einbeziehung von Zeitzeugen

  • Förderung einer fundierten Auseinandersetzung mit allen Formen des Extremismus, mit Fremdenfeindlichkeit, Fundamentalismus, Gewalt und Intoleranz, beginnend in der Grundschule

  • Unterstützung der Schulen bei der Verankerung von demokratiepädagogischen Aspekten in schulinternen Curricula

  • Wahrnehmung und Realisierung von Demokratieerziehung und demokratischer Schulkultur als Kriterium von Schulentwicklung, Stärkung der Unterstützungsangebote für Schulen

  • Förderung von unterrichtsnahen Vorhaben zur Verantwortungsübernahme von Kindern und Jugendlichen für ihr unmittelbares Lebensumfeld

  • Ausweitung von Initiativen wie “Schule ohne Rassismus”.

 

Im Rahmen der Schülerbeteiligung

  • Motivierung von Schülerinnen und Schülern, bestehende Mitwirkungsmöglichkeiten tatsächlich wahrzunehmen, wirksame Unterstützung der Gremienarbeit und weiterer Beteiligungsformen (z. B. Klassenräte);

  • Auszeichnung von besonderem Engagement in den Schulen und Hinweise auf den Zeugnissen;

  • Aufzeigen bestehender und Ausweitung der Mitwirkungsrechte und Mitgestaltungsmöglichkeiten für Schülerinnen und Schüler (z. B. Einführung von Kreis- und Landesschülerräten mit entsprechenden Befugnissen, Einführung von Feedback-Kulturen);

  • systematische Verankerung einer Anerkennungs- und Beteiligungskultur im Rahmen schulischer Qualitätsentwicklung, Mitwirkung von Schülerinnen und Schülern an schulinterner Evaluation.

 

Auftaktveranstaltung

  • Durchführung einer bundesweiten Fachtagung im Jahr 2009 zu den Themen Demo­kratiepädagogik im Unterricht und Stärkung von Schülerbeteiligung sowie zur Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte. (Diese Tagung wurde inzwischen von den Ländern Brandenburg und Thüringen durchgeführt und vom Präsidenten der Kultusministerkonferenz eröffnet. Die Tagung ist dokumentiert
    und vielfältige Materialen stehen zum Download bereit.)

     

 

Stärkere Unterstützung der Kinder und Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf

Die Kultusministerkonferenz bekräftigt ihren Beschluss, die Zahl der Schülerinnen und Schüler ohne Schulabschluss bis 2012 zu reduzieren, wenn möglich zu halbieren. Sie stellt klar, dass sich diese Aussage auf den durch nationale Bildungsstandards abgesicherten Hauptschulabschluss bezieht.

Die Ministerrunde beauftragte den Schulausschuss, die Empfehlungen der UN-Konvention für die Rechte von Menschen mit Behinderungen für den Bildungsbereich zu erörtern.

„Uns geht es um eine differenzierte Förderung von Kindern und Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Im öffentlichen Bewusstsein ist derzeit leider zu wenig verankert, dass auch diese Schülerinnen und Schüler leistungsbereit und ausbildungsfähig sind. Sie müssen gezielter gefördert werden und bedürfen einer individuelleren Lernplanung, um über den Förderschulabschluss hinaus den Hauptschulabschluss zu erwerben. Wir wollen mit unserer Initiative erreichen, dass insbesondere auch Schülerinnen und Schüler mit dem Förderbedarf „Lernen“ künftig bessere Chancen auf einen Ausbildungs- und Arbeitsplatz haben als bisher“, erklärte der Präsident der Kultusministerkonferenz, Henry Tesch.

Darüber hinaus entschied die Kultusministerkonferenz, dass Schülerinnen und Schüler mit dem Förderschwerpunkt „Lernen“ sowie diejenigen mit dem Förderschwerpunkt „geistige Entwicklung“ künftig statistisch ihren Förderschwerpunkten entsprechend einzeln ausgewiesen werden sollen.

 

Die Kommission für Statistik wurde gebeten, die Bereitstellung statistischer Daten zu den Abschlüssen von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf im gemeinsamen Unterricht an allgemeinen Schulen möglichst schon vor dem Vorliegen des Kerndatensatzes zu ermöglichen. Schließlich sollen Hauptschulabschlüsse, die an berufsbildenden Schulen erworben werden, bei der Berichterstattung im Jahr 2012 zur vollständigen Darstellung der Thematik ebenfalls statistisch erfasst werden.