Kultusminister Konferenz

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295. Plenarsitzung der Kultusministerkonferenz am 18./19. Oktober 2001 in Stuttgart

Am 18./19.Oktober fand unter dem Vorsitz von Ministerin Dr. Annette Schavan (Baden-Württemberg) die 295.Plenarsitzung der Kultusministerkonferenz im Schloss Hohenheim in Stuttgart, an einem für dieses Gremium historisch bedeutsamen Ort, statt.

Hier trafen sich im Februar 1948 die Erziehungsminister zum ersten Mal überhaupt – auch die der sowjetischen Besatzungszone waren dieses eine Mal dabei. In einer Zeit dramatischer politischer Ereignisse waren auf Initiative des baden-württembergischen Ministers Bäuerle die Vertreter von 16 der seinerzeit 17 deutschen Länder zusammengekommen, um das Auseinanderdriften des Bildungswesens im Nachkriegsdeutschland zu verhindern und zugleich nach Diktatur und Krieg ein deutliches Zeichen für einen neuen Anfang im Geist von Demokratie und Frieden zu setzen. 1991 – kurz nach der Wiedervereinigung – schrieb Schloss Hohenheim als Schauplatz einer Kultusministerkonferenz erneut Geschichte, als das sogenannte "Hohenheimer Memorandum" mit wegweisenden Aussagen für das "Zusammenwachsen von Bildung, Wissenschaft, Kultur und Sport in den bisher getrennten Teilen Deutschlands" verabschiedet wurde.

Im Mittelpunkt der Beratungen der nunmehr dritten Konferenz in Schloss Hohenheim standen folgende Themen:

  1. Wirtschaftliche Bildung an allgemein bildenden Schulen
  2. Prognose der Studienanfänger, Studierenden und Hochschulabsolventen bis 2015
  3. Hohe Qualität des Bildungssystems als Voraussetzung für die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands
  4. Entwicklung der Akkreditierung in Deutschland
  5. Vorschlag des Beauftragten der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und der Medien für eine "Nationalstiftung der Bundesrepublik Deutschland für Kunst und Kultur"
  6. Erklärung "Friedliches Zusammenleben und Erziehung zu interkultureller Toleranz".

Am Rande der Plenarsitzung führten die Präsidien der Kultusministerkonferenz und der Deutschen Forschungsgemeinschaft am 17.Oktober 2001 im Neuen Schloss in Stuttgart ein Gespräch zu Forschungspolitik und Forschungsförderung (7.). Ferner sprachen am 18.Oktober 2001 die Präsidien der Kultusministerkonferenz und der Hochschulrektorenkonferenz über aktuelle Fragen der Hochschulpolitik (8.).

Am 19.Oktober 2001 erörterte die Kultusministerkonferenz mit Dr. Viviane Reding, Mitglied der EU-Kommission, die Zusammenarbeit zwischen der EU und den Ländern in der Bundesrepublik Deutschland in den Bereichen Bildung und Kultur. Die Kernpunkte dieses Gesprächs sind in einer Gemeinsamen Presseerklärung (siehe Anlage) festgehalten (9.).

1. Wirtschaftliche Bildung an allgemein bildenden Schulen

Die Kultusministerkonferenz hat auf ihrer 295. Plenarsitzung am 18./19.Oktober in Stuttgart einen Bericht über die "Wirtschaftliche Bildung an allgemein bildenden Schulen" verabschiedet. Darin erklärt sie, dass ökonomische Bildung unverzichtbarer Bestandteil der Allgemeinbildung sei und somit zum Bildungsauftrag der allgemein bildenden Schulen in der Bundesrepublik Deutschland gehöre.

Der Bericht dokumentiert, dass Schülerinnen und Schüler wirtschaftliche Grundkenntnisse nicht nur im Rahmen des Unterrichts erwerben, sondern darüber hinaus durch Teilnahme an wirtschaftsbezogenen Schulprojekten und durch praktische Erfahrungen in Unternehmen oder öffentlichen Einrichtungen, mit denen die Schulen in intensiver und vielfältiger Weise zusammenarbeiten. Die Kultusministerkonferenz begrüßt diese Kooperationsbereitschaft und spricht sich dafür aus, den Dialog Schule/Wirtschaft zu intensivieren, da praxisorientiertes und realitätsnahes Lernen das Verständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge und ökonomisches Handeln in besonderer Weise fördere.

Die Länder haben ihre Aktivitäten auf diesem Gebiet kontinuierlich ausgeweitet und dabei ganz unterschiedliche Wege beschritten. Um die Vielfalt des Umgangs mit dem Lernfeld Wirtschaft in den Ländern und den einzelnen Schularten und Bildungsgängen aufzuzeigen, besteht der o.g. Bericht aus gesonderten länderspezifischen Darstellungen.

Der Bericht "Wirtschaftliche Bildung an allgemein bildenden Schulen" wird in Kürze als Download-Datei ins Internet gestellt (www.kmk.org) bzw. kann nach Drucklegung beim Sekretariat der Kultusministerkonferenz bestellt werden.

2. Prognose der Studienanfänger, Studierenden und Hochschulabsolventen bis 2015

Die Kultusministerkonferenz hat auf ihrer 295. Plenarsitzung am 18./19. Oktober 2001 in Stuttgart eine Aussprache zur hochschulpolitischen Einschätzung der im Mai 2001 veröffentlichten "Prognose der Studienanfänger, Studierenden und Hochschulabsolventen bis 2015" (vgl. Pressemitteilung vom 11. Mai 2001) geführt.

Die Ausgangslage ist folgende: Die Zahlen machen deutlich, dass im Prognosezeitraum die Zahl der Studienanfänger bis 2008 noch einmal deutlich ansteigen, dann aber bis 2015 in etwa auf den Wert von 1998 zurückgehen wird. Dabei verläuft die Entwicklung in den alten und in den neuen Ländern unterschiedlich: In den neuen Ländern ist bereits ab 2005 mit einem deutlichen Rückgang der Studienanfänger zu rechnen; im Jahre 2015 wird die Anzahl der Studienberechtigten dort bei knapp 60 % des Bestands von 1999 liegen.- Über den Prognosezeitraum hinaus zeichnet sich demographisch bedingt ein deutlicher Rückgang bei den Studienberechtigten ab, dem aber eine steigende Nachfrage nach hochqualifizierten Arbeitskräften insbesondere in zukunftsträchtigen Bereichen gegenübersteht.

Angesichts dieser Prognoseergebnisse besteht in der Kultusministerkonferenz Einigkeit darüber, dass nur ein ganzes Bündel von umgehend einzuleitenden Maßnahmen dauerhaft zu einer Erhöhung der Studierquote führen werde. Im Einzelnen sind dies insbesondere:

  • die kontinuierliche Anpassung und Weiterentwicklung der Studien-strukturen, der Studieninhalte und Ressourcen vor dem Hintergrund des internationalen Wettbewerbs und den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes
  • die effiziente Ausnutzung aller Ausbildungskapazitäten bis 2008; hierzu insbesondere Steigerung der Attraktivität der Studienangebote und weitere Verbesserung der Studienbedingungen an den Hochschulen der neuen Länder
  • die Erhöhung der Studierquote durch Beratungsmaßnahmen während der Schulzeit und attraktive Bildungsangebote der Hochschulen (z.B. gestufte Bildungsgänge)
  • die Erhöhung der Zahl der Studierenden, insbesondere der Studentinnen in natur- und ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen durch vermehrte Angebote der Hochschulen für interessierte Schülerinnen und Schüler
  • die Erhöhung der Erfolgsquote durch die Einführung gestufter Abschlüsse mit kürzerer Studienzeitdauer und inhaltlich klar strukturierten Studiengängen sowie eine intensivere fachliche und soziale Betreuung
  • weitere Erhöhung der Attraktivität der deutschen Hochschulen für ausländische Studierende und Wissenschaftler u.a. durch Verbesserung der Rahmenbedingungen für einen Aufenthalt in Deutschland.

Die Kultusministerkonferenz hat sich bei ihren Beratungen in den vergangenen beiden Jahren schon intensiv mit der gesamten Problematik und einzelnen Themenbereichen befasst und beispielsweise durch die "Strukturvorgaben für die Einführung von Bachelor-/Bakkalaureus- und Master-/Magisterstudiengängen" (Beschluss vom 5. März 1999) Voraussetzungen für umfängliche Reformmaßnahmen geschaffen.

In Zusammenhang mit den Beratungen dieses Tagesordnungspunktes gaben die Kultusministerinnen und –minister ferner folgende Erklärung ab: 

3. Hohe Qualität des Bildungssystems als Voraussetzung für die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands

Die KMK betont, dass die Zukunftsfähigkeit Deutschlands und die internationale Wettbewerbsfähigkeit entscheidend davon abhängen, dass unsere Gesellschaft ein qualitativ hochwertiges Bildungssystem hat. Gerade angesichts der demographischen Entwicklung sind daher vielfältige Maßnahmen zur Sicherung und Steigerung der Qualität und Innovationsfähigkeit unseres Bildungssystems erforderlich.

Die Kultusministerkonferenz und die einzelnen Länder haben bereits eine Vielzahl von Initiativen und Maßnahmen zur Steigerung der Leistungsfähigkeit des Schul- und Hochschulsystems ergriffen.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der "Schülerberg" der vergangenen Jahre neben zusätzlichen Ressourcen durch Sparmaßnahmen und Effizienzsteigerung aufgefangen wurde. Es besteht jetzt die Gefahr, dass diese Situation auch bei sinkenden Schülerzahlen zur Regel erklärt wird.

Wenn mittelfristig die Zahl der Schülerinnen und Schüler sinkt, müssen diese besonders gut ausgebildet werden. Gleichzeitig sehen sich die Hochschulen bis mindestens 2013 mit steigenden Studentenzahlen konfrontiert. Darüber hinaus muss die unterschiedliche demographische Situation in den alten und neuen Ländern berücksichtigt werden.

Die Qualität des Bildungssystems steht auch weiterhin im Mittelpunkt der Bemühungen. Dazu bedarf es neben inhaltlicher und organisatorischer Weiterentwicklungen einer dauerhaften soliden finanziellen Absicherung. Mit Blick auf den in der Öffentlichkeit diskutierten Beschluss der Finanzministerkonferenz, betont die KMK, dass Bildungsinvestitionen Zukunftsinvestitionen sind und Zeiten rückläufiger Schülerzahlen auch für qualitative Verbesserungen im Bildungssystem genutzt werden müssen.

4. Entwicklung der Akkreditierung in Deutschland

Auf ihrer 295.Plenarsitzung am 18./19.Oktober 2001 in Stuttgart hat sich die Kultusministerkonferenz mit der zukünftigen Entwicklung der Akkreditierung in Deutschland befasst, wird diese Beratungen aber auf ihrer nächsten Sitzung am 06.Dezember noch fortsetzen.

Mit Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 3. Dezember 1998 ist für die neuen Bachelor-/Bakkalaureus- und Master-/Magisterstudiengänge probeweise für drei Jahre ein länderübergreifender Akkreditierungsrat eingerichtet worden (siehe Pressemitteilung vom 3. Dezember 1998). Dieser koordiniert den Ablauf der fachlich-inhaltlichen Begutachtung der neuen Studiengänge und überwacht die damit beauftragten Agenturen, so dass das Akkreditierungsverfahren nach fairen und nachvollziehbaren Regeln abläuft.

Zwei Jahre nach Arbeitsaufnahme ist die Arbeit des Akkreditierungsrates nun evaluiert worden.

Laut Gutachten stärkt das Akkreditierungsverfahren die Differenzierung im Hochschulbereich und die Eigenverantwortung der Hochschulen. Es trage dazu bei, die Qualität im stärker werdenden internationalen Wettbewerb zu sichern und Transparenz schaffen, d.h. für die internationale Zusammenarbeit klare und verlässliche Angaben über das Studienangebot in Deutschland und die Qualität der Studienabschlüsse zu geben. Als Instrument der Qualitätssicherung müsse die Akkreditierung auch künftig auf einer fachlich-inhaltlichen Bewertung des zu akkreditierenden Studienangebotes beruhen.

Die Kultusministerkonferenz hat sich grundsätzlich für die Beibehaltung einer zentralen Akkreditierungeinrichtung ausgesprochen; allerdings müssten ihre Aufgaben präzisiert sowie Organisationsform, organisatorische Anbindung und Finanzierung noch geklärt werden.

5. Vorschlag des Beauftragten der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und der Medien für eine "Nationalstiftung der Bundesrepublik Deutschland für Kunst und Kultur"

Auf ihrer 295.Plenarsitzung am 18./19.10.2001 in Stuttgart beriet die Kultusministerkonferenz über den Vorschlag des Beauftragten der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und der Medien (BKM), Professor Dr. Nida-Rümelin, für eine "Nationalstiftung der Bundesrepublik Deutschland für Kunst und Kultur". Gedacht ist hierbei an eine von Bund und allen sechzehn Ländern gemeinsam zu errichtende nationale Stiftung in privatrechtlicher Form zur Förderung von Kunst und Kultur.

Die Kultusministerkonferenz hat die Überlegungen zur Errichtung einer gemeinsamen Kulturstiftung von Bund und Ländern mit Interesse zur Kenntis genommen, machte aber weitere Schritte von der noch ausstehenden Grundsatzentscheidung der Ministerpräsidentenkonferenz abhängig. In jedem Falle sollten in einer gemeinsam getragenen Stiftung alle Länder vertreten sein und Entscheidungen zumindest einer qualifizierten Mehrheit der Länderseite bedürfen. Das partnerschaftliche Zusammenwirken von Bund und Ländern müsse auch in dem Namen der Stiftung deutlich zum Ausdruck kommen. Ferner gelte es festzulegen, in welcher Form die bestehende Kulturstiftung der Länder in die gemeinsame Stiftung eingebracht werden könne. Ebenso müssten grundlegende Entscheidungen hinsichtlich der Struktur und Satzung der Stiftung vorab getroffen werden. Im Übrigen stellen die angekündigten 25 Millionen DM Bundesmittel aus Sicht der Länder keine tragfähige Grundlage für diese vom BKM beabsichtigte Stiftung dar.

6. Friedliches Zusammenleben und Erziehung zu interkultureller Toleranz

Die Kultusminister der Länder haben sich auf ihrer Plenarsitzung am 18./19.Oktober 2001 in Stuttgart-Hohenheim darüber ausgetauscht, wie in den Schulen und Hochschulen auf die aktuellen terroristischen Anschläge in den USA und die militärische Antwort gegen das Taliban-Regime reagiert werden kann. In den Schulen der Länder wurde kurz nach den Anschlägen islamischer Extremisten am 11. September in New York und in Washington in Schweigeminuten der zahlreichen Opfer gedacht und im Unterricht in unterschiedlicher Weise auf diese Ereignisse eingegangen. Die Lehrerinnen und Lehrer, die sehr verantwortungsvoll und mit großer Sensibilität auf diese Problematik reagierten, werden ermutigt, auch in der jetzigen Phase der kriegerischen Auseinandersetzung und im Lichte zu befürchtender weiterer Terroranschläge die Schülerinnen und Schüler angemessen zu begleiten.

Die aktuelle weltpolitische Entwicklung ruft erneut die große Bedeutung des friedlichen Zusammenlebens der verschiedenen Kulturen in unserer Gesellschaft in das Bewusstsein. Die Kultusministerkonferenz ermuntert deshalb die Lehrerinnen und Lehrer, Kenntnisse über kulturelle und religiöse Hintergründe ihrer ausländischen Schülerinnen und Schüler zu erwerben bzw. zu vertiefen, um eine objektive Auseinandersetzung mit den komplexen und vielschichtigen Fragen, die mit der Migration verbunden sind, im Unterricht zu ermöglichen und um die Kinder und Jugendlichen zu interkultureller Toleranz erziehen zu können.

Die gegenwärtige Lage darf nicht dazu führen, dass der notwendige und bereits eingeleitete Prozess der Internationalisierung der deutschen Hochschulen Rückschläge erleidet. Eine Erhöhung der Zahl an ausländischen Studierenden und Wissenschaftlern ist für die Kultusministerkonferenz weiterhin ein wichtiges Ziel, ebenso wie eine enge Zusammenarbeit von deutschen und ausländischen Hochschulen.

7. Gespräch des Präsidiums der Kultusministerkonferenz mit dem Präsidium der Deutschen Forschungsgemeinschaft

Aktuelle Fragen der Forschungspolitik und Forschungsförderung waren die zentralen Themen in dem Gespräch, das die Präsidien von Kultusministerkonferenz und Deutscher Forschungsgemeinschaft (DFG) im Vorfeld der 295. Plenarsitzung der Kultusministerkonferenz am 17.Oktober 2001 in Stuttgart führten.

Insbesondere wurden Informationen ausgetauscht über den Stand der Umsetzung der DFG-Empfehlungen von 1998 zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis. Die DFG hatte seinerzeit angekündigt, nur noch Fördergelder an solche Hochschulen zu zahlen, die bis zum Juli 2002 über Regelungen zum Umgang mit wissenschaftlichem Fehlverhalten, z.B. Behinderung von Forschungsarbeiten oder Raub fremden Gedankenguts, verfügen. Die Kultusministerkonferenz begrüßt das Engagement der DFG auf diesem Gebiet und betont, dass nach übereinstimmender Einschätzung der Länder die Empfehlungen der DFG an den Universitäten umgesetzt bzw. in Umsetzung begriffen seien. Die überwiegende Zahl der Hochschulen habe Vertrauenspersonen benannt oder Kommissionen eingesetzt, an die sich Mitarbeiter in Fällen vermuteten wissenschaftlichen Fehlverhaltens wenden können. Mit der DFG besteht Einvernehmen darüber, dass die Vermeidung von wissenschaftlichem Fehlverhalten im Kern eine wissenschaftsautonome Aufgabe sei und sowohl die Universitäten als auch außeruniversitäre Forschungseinrichtungen betreffe.

Vor dem Hintergrund der geplanten Einführung einer Juniorprofessur erklärten die Präsidien von KMK und DFG, dass daneben auch andere Maßnahmen und Programme, die darauf abzielen, besonders qualifizierten jungen Forschern neue Wege zur Erlangung einer Hochschulprofessur zu eröffnen, nicht beeinträchtigt werden dürfen. Als ein Beispiel kann das 1999 von der DFG initiierte Emmy Noether-Programm gelten.

In Zusammenhang mit den erst jüngst an drei Universitäten eingerichteten DFG-Forschungszentren bat die Kultusministerkonferenz die DFG, die Mittel für ein solches Forschungszentrum nicht allein unter Wettbewerbsgesichtspunkten zu vergeben, sondern Überlegungen anzustellen, wie allen Ländern eine reelle Chance eröffnet werden könne, an diesem Programm zur Förderung von Spitzenforschung zu partizipieren.

8. Gespräch des Präsidiums der Kultusministerkonferenz mit dem Präsidium der Hochschulrektorenkonferenz

Die Präsidien von Kultusministerkonferenz und Hochschulrektorenkonferenz pflegen einen regelmäßigen Austausch über aktuelle Themen der Hochschulpolitik. Bei ihrem Gespräch am 18.Oktober 2001 anlässlich der 295.Plenarsitzung der Kultusministerkonferenz in Stuttgart standen die kontroversen Diskussionen um ein neues Hochschulzulassungssystem sowie die Reform der Professorenbesoldung und die Einführung der Juniorprofessur im Mittelpunkt.

Hintergrund für die geplanten Neuerungen zur Personalstruktur im Hochschulbereich sind zwei Gesetzentwürfe der Bundesregierung, die nach deren Vorstellungen zum 1. Februar 2002 in Kraft treten sollen. Geplant ist zum einen, die Professorenämter an Hochschulen und Fachhochschulen gleichzustellen und ein neues Besoldungssystem aus festem Grundgehalt und Leistungszulagen einzuführen, das an die Stelle der bisherigen altersabhängigen Besoldungsstufen tritt. Zum anderen sollen befristete Juniorprofessuren eingeführt werden, die besonders qualifizierten und pädagogisch geeigneten jungen Wissenschaftlern im Rahmen eines Beamtenverhältnisses für die Dauer von maximal sechs Jahren das Recht verleihen, selbstständig zu forschen und zu lehren. Die Hochschulrektorenkonferenz und die Kultusministerkonferenz stimmen darin überein, dass diese Reformvorhaben im Hinblick auf den internationalen Wettbewerb wichtige Schritte sind, auch wenn in einzelnen Punkten noch Klärungsbedarf besteht.

Was das Zulassungsverfahren der ZVS anbetrifft so bestand Einigkeit darüber, dass die Abiturdurchschnittsnote gegenüber dem Ortsprinzip weitaus höher gewichtet werden müsse, als es derzeit der Fall sei. Ferner bestehe die Notwendigkeit, einige Fächer aus dem ZVS-Verfahren herauszunehmen.

9. Gespräch der Kultusministerkonferenz mit Dr. Viviane Reding, Mitglied der EU-Kommission

Die Kultusministerkonferenz und das für Bildung und Kultur zuständige Mitglied der Europäischen Kommission Dr. Viviane Reding haben auf Initiative der Präsidentin im Rahmen der 295. Plenarsitzung der Kultusministerkonferenz am 19. Oktober in Stuttgart ein intensives Gespräch zu aktuellen Themen der europäischen Bildungs- und Kulturpolitik geführt und Kernpunkte in einer Gemeinsamen Presseerklärung festgehalten (siehe Anlage). Dies war das erste Mal, dass ein Mitglied der Europäischen Kommission als Gast auf einer Plenarsitzung der Kultusministerkonferenz begrüßt werden konnte.

Frau Dr. Reding erläuterte in ihrer Eingangsrede Inhalte und Ziele der EU-Bildungspolitik und stellte heraus, dass sie ein wesentliches Mittel seien, den europäischen Einigungsprozess im Hinblick auf das friedliche Zusammenleben der Menschen zu fördern und zugleich Antworten zu finden auf die globalen Veränderungsprozesse in Wissenschaft, Technik, Wirtschaft und Gesellschaft. Dabei betonte sie, dass – entgegen häufig geäußerter Befürchtungen – nicht beabsichtigt sei, sich in die Kompetenz der einzelnen Staaten einzumischen, diese zu begrenzen oder gar in Frage zu stellen. Die Vielfalt der Bildungssysteme in Europa werde begrüßt und sei ausdrücklich gewünscht. Es gehe bei der europäischen Bildungszusammenarbeit darum, möglichst schnelle Lösungen für gemeinsame Fragen zu finden, insbesondere einen offenen Raum zu schaffen ohne Mobilitätshindernisse. In der Regel sei die Bereitschaft groß, dazu einen Beitrag zu leisten. Schließlich eröffne die Zusammenarbeit im europäischen Rahmen jedem Staat die Chance, eigene Probleme zu lösen und somit sein Bildungswesen zu verbessern.

Die Kultusministerkonferenz betonte, dass die Aktivitäten der EU, vor allem in den Bereichen lebenslanges Lernen, E-Learning, Förderung der Mobilität und Qualitätssicherung, grundsätzlich im Einklang mit den bildungspolitischen Zielvorstellungen und Initiativen der Länder stehen. Bei aller Übereinstimmung lehnte sie aber eine Vereinheitlichung der kulturell unterschiedlich gewachsenen und entwickelten Bildungssysteme der einzelnen Mitgliedsstaaten nach Maßgabe zentraler inhaltlicher, struktureller und finanzieller Vorgaben durch die EU-Ebene entschieden ab. Aus den Veränderungsprozessen in Wissenschaft, Technik, Wirtschaft und Gesellschaft und den daraus resultierenden Anpassungsnotwendigkeiten könne keine Kompetenzerweiterung der Gemeinschaft im Bildungsbereich abgeleitet werden. Vielmehr sollte die Bildungszusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten auf EU-Ebene in einem gezielten und intensiven Informations- und Erfahrungsaustausch von politischen Konzepten, Erfahrungen und Beispielen guter Praxis bestehen. Ferner müssten Möglichkeiten geschaffen werden, den Schüler-, Studenten- und Lehreraustausch und auch einen Austausch von Mitarbeitern aus der Bildungsadministration in einem sehr viel höheren Maße durchzuführen, als es zur Zeit geschieht.

Was die bestehenden EU-Programme anbelangt, so äußerte die Kultusministerkonferenz den Wunsch, dass Evaluierungen durchgeführt werden, um den "europäischen Mehrwert" für die Länder einschätzen zu können.

In Zusammenhang mit dem Bereich Kultur im engeren Sinne betonten die Kultusministerinnen und –minister, dass das Programm "Kultur 2000", das bilaterale Projekte über Grenzen hinweg fördert, gerade für die neuen Länder im Hinblick auf die Kooperation mit Polen von besonderer Wichtigkeit sei. Im Übrigen wies die Kultusministerkonferenz auf die identitätsstiftende Rolle der Kultur im europäischen Einigungsprozess hin und betonte, dass die gemeinsamen kulturellen Werte und Wurzeln als Schlüsselelemente von Identität und Zugehörigkeit zu einer freiheitlichen und demokratischen Gesellschaft stärker hervorzuheben seien, um die Zustimmung und Beteiligung der Bürger am europäischen Aufbauwerk zu gewährleisten. Europäische Zusammenarbeit dürfe nicht allein unter wirtschaftlichen und beschäftigungspolitischen Gesichtspunkten erfolgen.