Kultusminister Konferenz

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Bericht von OECD-Experten

"Anwerbung, berufliche Entwicklung und Verbleib von qualifizierten Lehrerinnen und Lehrern (Länderbericht: Deutschland)"

Heute wurde der Länderbericht eines OECD-Expertenteams über Situation und Perspektiven der Lehrerinnen und Lehrer in Deutschland der Öffentlichkeit vorgestellt. Die OECD führt seit 2002 derartige Vergleichsuntersuchungen durch. Der vorliegende Bericht wird mit den Ergebnissen von acht anderen, in gleicher Weise besuchten Mitgliedsstaaten sowie schriftlichen Berichten von 16 weiteren OECD-Mitgliedsstaaten in einer abschließenden Vergleichsstudie zusammen-gefasst. Ihre Veröffentlichung ist im Rahmen einer internationalen Konferenz, die die OECD zusammen mit der niederländischen Regierung am 18./19.11.2004 in Amsterdam durchführt, vorgesehen.

Mitglieder des Expertenteams waren:

  • Dr. Paulo Santiago (Leitung), Bildungsabteilung der OECD, Paris; Leiter der Expertenteams in Nordrhein-Westfalen, Hamburg und Baden-Württemberg,
  • Dr. Phillip McKenzie, Bildungsabteilung der OECD, Paris; Leiter des Expertenteams in Brandenburg (Teilnahme nur in Brandenburg),
  • Dr. Gábor Halász (Berichterstatter), Generaldirektor des Nationalen Instituts für öffentliche Bildung OKI, Budapest,
  • Prof. Mats Ekholm, Generaldirektor der Nationalen Bildungsagentur Schwedens/ SKOLVERKET, Stockholm,
  • Dr. Peter Matthews, Leiter der Abteilung Qualitätsprüfung in der Agentur für Bildungsstandards OFSTED, London.

Das externe Expertenteam besuchte vom 14.-26.09.2003 die Bundesrepublik Deutschland und führte dabei Gespräche in Baden-Württemberg, Brandenburg, Hamburg und Nordrhein-Westfalen.

Die OECD-Experten erhielten dabei nach eigener Aussage einen vielfältigen, von großer Offenheit geprägten Einblick in die Situation der Lehrkräfte in Deutschland. Sie konnten für ihre Expertise auf einen nationalen Hintergrundbericht, einen Ergänzungstext hierzu, die Hintergrundberichte der vier besuchten Länder sowie die Stellungnahmen von Lehrerorganisationen und Elternverbänden zurückgreifen.

Der nun veröffentlichte Bericht gliedert sich im Wesentlichen in folgende Kapitel:

  • Kontext und Hauptmerkmale der Lehrerpolitik
  • Stärken der Lehrerpolitik und sich hier stellende Herausforderungen
  • Prioritäten für die weitere Konzipierung bildungspolitischer Maßnahmen.

Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Staatsministerin Doris Ahnen, erklärte dazu: "Der Bericht des OECD-Expertenteams greift wesentliche Faktoren der Qualifikation und der Beschäftigungssituation von Lehrkräften auf und analysiert sie in differenzierter Weise. Er liefert zahlreiche wichtige Impulse für die Reformanstrengungen in Deutschland. Die Kultusministerkonferenz wird die konstruktive Kritik und die Anregungen des Expertenteams für die weiteren Beratungen im Bereich der Aus- und Weiterbildung von Lehrerinnen und Lehrern aufgreifen und in ihrer Arbeit umsetzen."

Als Stärken des deutschen Systems sieht der Bericht den hoch entwickelten institutionellen Rahmen für Konsultationen, Teilhabe und sozialen Dialog in der Lehrerpolitik. Außerdem wird als Vorteil gesehen, dass die Verantwortlichen für den Schulbereich erheblichen Einfluss auf die Ausbildung nehmen können und damit wichtige Teile der Lehrerausbildung mit der Schulpraxis und der Entwicklung der beruflichen Laufbahnen von Lehrerinnen und Lehrern verknüpfen können.

Funktion und Stellung des Vorbereitungsdienstes als Bestandteil der Lehrerausbildung werden als positiv und einzigartig gewürdigt. Die Bericht-erstatter heben diesen Ausbildungsteil wie ein "Lernen im Beruf" hervor, weil darin auf die Bedürfnisse der Schulen besonders reagiert werden kann. Als vielversprechend beurteilt der Bericht die nun in einigen Bundesländern einsetzenden Arbeiten zur Entwicklung von Kerncurricula sowie zur Modularisierung in der Lehrerausbildung. Hinsichtlich der Einstellung von Lehrerinnen und Lehrern wird das dabei angewandte transparente Verfahren wie auch der Trend zur Mitwirkung der Schulen gelobt. Das duale System der Berufsausbildung, aber auch die Einstellung von Seiteneinsteigern werden als Faktoren eingeschätzt, über die gute Verbindungen der Lehrerpolitik zur Wirtschaft bestehen. Hervorgehoben wird auch die Flexibilität, die Zahl der Lehrkräfte den Bedürfnissen der Schulen anpassen zu können. Genannt werden auch die konkurrenzfähigen Gehälter und die Teilzeit- bzw. Beurlaubungsmöglichkeiten, die den Lehrerberuf attraktiv machen.

Verschiedene angeführte Problembereiche sind in den Ländern durchaus bekannt und bereits Gegenstand einschlägiger Maßnahmen. Dank der Außensicht der Experten bringt der Bericht aber auch neue Anregungen, die in der weiteren Diskussion über Veränderungen im Bildungsbereich hilfreich sein können.

Für die weitere Konzeption bildungsstruktureller Maßnahmen sieht der Bericht folgende Prioritäten:

1. Die Neudefinition des Lehrerleitbildes

Die Experten halten eine Neudefinition des Lehrerleitbildes und die Entwicklung von Standards für sinnvoll, um eine verantwortungsvolle Gestaltung der Lehrerbildung auch bei den ausbildenden Institutionen zu veranlassen.

Die Kultusministerkonferenz hat sich im Jahr 2000 mit einer Definition des Lehrerleitbildes befasst und mit den Lehrerorganisationen die "Bremer Erklärung" beschlossen. Darüber hinaus hat sich eine von der Kultusministerkonferenz eingesetzte Kommission mit dem Leitbild innerhalb ihrer Arbeit zu den "Perspektiven der Lehrerbildung in Deutschland" (2000) befasst. Eine weitere Differenzierung des Lehrerleitbildes wird durch die "Standards für die Lehrerbildung", die zurzeit entwickelt werden, erfolgen.

2. Die Neugestaltung der Lehrererstausbildung sowie der Fort- und Weiterbildung

Im Bereich der Lehrerbildung raten die Experten zu einer angemessenen Neustrukturierung mit einer stärkeren Verzahnung von Studienanteilen und Praxisanteilen. Sie betrachten die Umsetzung des Bologna-Prozesses und damit der Bachelor/Master-Strukturen als hilfreich. Ebenso findet die erste Berufsphase Beachtung. Die Bedeutung von Fortbildung für die Weiterentwicklung von Kompetenzen wird betont.

Viele Länder sind dabei, ihre Lehrerbildung grundlegend zu reformieren. Die stärkere Verbindung von Theorie und Praxis ist dabei gemeinsames Leitmotiv. Einige Länder haben bereits strukturelle Maßnahmen zur besseren Verzahnung von Studienanteilen und Praxisanteilen ergriffen, z. B. indem sie Anteile der zweiten Phase in die Studienzeit vorziehen. Unter anderem werden auch Bachelor/Master-Studiengänge für die Lehrerbildung entwickelt. Die Kultusministerkonferenz erarbeitet dazu gemeinsame Strukturvorgaben. Auch durch die Entwicklung der "Standards für die Lehrerbildung" werden neue Impulse für die Lehrerbildung erwartet.

3. Maßnahmen zur Sicherstellung eines angemessenen Lehrkräfteangebots

Das Expertenteam rät, Engpässe bei der Lehrerversorgung künftig durch eine planvolle Einstellungspolitik zu verhindern.

Die Kultusministerinnen und –minister versuchen, eine planvolle Lehrerversorgung sicherzustellen. Wie der Bericht des OECD-Expertenteams heraushebt, liegt einer der Vorteile des deutschen Systems in seiner Flexibilität, auf Engpässe mit Pools von Vertretungslehrern, der befristeten Einstellung von Ersatzlehrern oder der Einstellung von "Seiteneinsteigern" reagieren zu können.

4. Die Entwicklung der Karriere und Anreizstruktur für Lehrkräfte

Leistung, Verantwortung, Sonderaufgaben und konkrete Arbeitsbedingungen sowie andere Faktoren sollten auch bei der Vergütung stärker berücksichtigt werden.

Schon bisher sind den Schulen Stundenpools zur Verfügung gestellt worden, um Zusatzaufgaben von Lehrkräften mit Deputatsstunden abzudecken. Weitere leistungsrelevante Elemente wurden bereits von einigen Ländern eingeführt. Wie weit ergänzende Vorschläge des Expertenteams bei den Aufstiegsmöglichkeiten für Lehrkräfte Berücksichtigung finden könnten, ist bei den weiteren Reformüberlegungen zu prüfen.

5. Die Stärkung von Evaluation und Rechenschaftslegung

Schulen und Lehrkräfte sollten zur Sicherung der Unterrichtsqualität intern und extern evaluiert werden. Dazu stellen die Experten Überlegungen an, die vorsehen, eine regelmäßige Überprüfung der Befähigung (alle 5-7 Jahre) vorzunehmen. Zur Durchführung dieser Maßnahmen halten sie eine Lehrertätigkeit mit Zeitverträgen für sinnvoll, deren Verlängerung von dem Ergebnis der jeweiligen Überprüfung abhängt.

Dieser Vorschlag zielt im Kern auf die Abschaffung des Beamtenstatus bzw. des Bundesangestelltentarifes für Lehrkräfte. Der Bericht des OECD-Expertenteams benennt andererseits die Anstellungssicherheit durch den Beamtenstatus als ein wesentliches Attraktivitätsmerkmal des Lehrerberufes. Die Idee einer Stärkung von Evaluation und Rechenschaftslegung wird befürwortet; sie ist bereits Bestandteil der Reformansätze in einer Reihe von Bundesländern.

6. Die Modernisierung von "Governance" und Management

Die Eigenständigkeit von Schulen und die Ausbildung von Schulleiterinnen und Schulleitern wird als wichtiger Faktor für eine positive Entwicklung des Schulwesens benannt. Das Expertenteam stellt fest, dass die Länder in diesen Bereichen bereits erfolgversprechende Maßnahmen eingeleitet haben.

In den Ländern werden bereits Maßnahmen umgesetzt, die den Schulen und den Schulleitungen Möglichkeiten der erweiterten Selbstverwaltung und Verantwortlichkeiten einräumen. Dazu gehört auch die Auswahl einzustellender Lehrerinnen und Lehrer.

Der Bericht ist in englischer Sprache auf der Homepage der OECD unter

In deutscher Sprache können Sie den Text hier downloaden.

Außerdem finden Sie hier eine Zusammenfassung und Bewertung des Berichtes durch die Kultusministerkonferenz.