Kultusminister Konferenz

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KMK: Präsenzbetrieb ist das Gebot der Stunde

Die Kultusministerkonferenz spricht sich in ihrem aktuellen Beschluss deutlich für einen schulischen Regelbetrieb im Schuljahr 2021/2022 und für ein Präsenzstudium im Wintersemester 2021/2022 aus.

Britta Ernst, Präsidentin der Kultusministerkonferenz und brandenburgische Ministerin für Bildung, Jugend und Sport: „Die Voraussetzungen für den Präsenzunterricht sind gut und gänzlich andere als vor einem Jahr. Das Schulpersonal hat Impfangebote erhalten, Test und Hygienekonzepte stehen und sind erprobt. Die Inzidenzen sollten eine andere Gewichtung bekommen. Kinder und Jugendliche haben durch Wechselunterricht und Schulschließungen im vergangenen Schuljahr einen ganz erheblichen Beitrag zum Schutz der Erwachsenen geleistet. Jetzt ist es wichtig, dass möglichst viele Erwachsene sich solidarisch zeigen und sich impfen lassen. Damit die Schülerinnen und Schüler einen normalen Schulalltag haben können.“

Ties Rabe, Koordinator der A-Länder und hamburgischer Senator für Schule und Berufsbildung: „Im Vergleich zum letzten Schuljahr hat sich die Lage deutlich geändert, so dass Schulschließungen erst als allerletzte Möglichkeit in Erwägung zu ziehen sind, erst wenn alle anderen Maßnahmen ausgeschöpft sind: Zum einen können sich die Angehörigen jetzt impfen lassen, insofern entfällt die Notwendigkeit einer Schulschließung, um die mögliche Übertragung des Virus in die Familien zu verhindern. Zum anderen hat die Wissenschaft sehr deutlich gemacht welche verheerenden Auswirkungen die Schulschließungen auf die kognitive, aber auch auf die soziale und emotionale Entwicklung von Kindern und Jugendlichen hatten. Darüber hinaus haben wir heute an den Schulen wesentlich ausgereiftere Sicherheitsmaßnahmen als noch im letzten Schuljahr, die überdies weit hinausgehen über alle anderen Schutzmaßnahmen im öffentlichen Leben. Wir fordern daher sehr klar in Zukunft Schulschließungen nur als ultima ratio in Erwägung zu ziehen.“

Prof. Dr. R. Alexander Lorz, Koordinator der B-Länder und Hessischer Kultusminister: „Wir starten in das kommende Schuljahr unter ganz anderen Voraussetzungen als noch im vergangenen Jahr. Mit erfolgreich etablierten Selbst- und Schnelltests, geimpften Lehrkräften und auch Impfungen für Kinder ab 12 Jahren sind wir für einen sicheren Schulbetrieb entscheidende Schritte weitergekommen. Erwiesenermaßen sind die Schulen aber dann am besten geschützt, wenn sich so viele der bisher noch nicht geimpften 20 Millionen Erwachsenen impfen lassen. Wir sind unseren Kindern, die lange genug zu Gunsten der Erwachsenen zurückstecken mussten, diese Unterstützung mehr als schuldig!“

Karin Prien, KMK-Vizepräsidentin und Wissenschaftsministerin in Schleswig-Holstein: „Nach drei Digitalsemestern müssen wir unsere Studierenden in die Hochschulen zurückholen und so viel Studiennormalität wie möglich gewährleisten. Das Studium ist für die meisten Studierenden eine prägende Lebensphase, die mit neuen Freundschaften und persönlicher Weiterentwicklung einhergeht. Dazu gehört zwangsläufig das Lernen, Diskutieren und Forschen in Präsenz. Gleichzeitig müssen wir den digitalen Innovationsschub und die Erkenntnisse aus den vergangenen Semestern nutzen, um das Zusammenspiel von virtuellen und Präsenzformaten weiterzuentwickeln und nachhaltige Arbeitsweisen zu befördern.“

Der Beschluss vom 6. August 2021 lautet wie folgt:

Präsenzbetrieb ist das Gebot der Stunde

Die Kultusministerkonferenz stellt fest, dass der Start in das neue Schuljahr 2021/22 durch die Länder umfassend vorbereitet wurde und bekräftigt ihren Beschluss vom 10. Juni 2021 zum „Schulischen Regelbetrieb im Schuljahr 2021/2022“.

Schulen sind insbesondere hinsichtlich des Rechts auf Bildung systemrelevant. Kontinuierlichem Präsenzunterricht muss im Schuljahr 2021/2022 in der Gesellschaft höchste Priorität eingeräumt werden. Vollständiger Präsenzunterricht am Lern- und Lebensort Schule mit allen damit verbundenen Möglichkeiten ist Grundlage zur individuellen Persönlichkeitsentwicklung und zugleich eine zentrale Voraussetzung, um die vielfältigen, auf den Weg gebrachten Unterstützungsmaßnahmen für Kinder und Jugendliche sowohl im Rahmen des Aktionsprogramms „Aufholen nach Corona“ als auch durch die zahlreichen landesseitigen Lernfördermaßnahmen und Förderinstrumente zur Bekämpfung pandemiebedingter Rückstände wirksam umzusetzen.  

Im Verhältnis zum letzten Schuljahr stellt sich zu Beginn des Schuljahres 2021/2022 die Situation anders dar: Die Konzepte zum Infektionsschutz an den Schulen wurden deutlich ausgebaut. Schulen sind auch in Zeiten der Pandemie sichere Orte. Daher soll und kann Schule im Präsenzunterricht stattfinden.

Gemäß wissenschaftlicher Einschätzung ist zu betonen, dass

  • durch das Impfangebot Schutzmöglichkeiten mittlerweile für einen Großteil der Bevölkerung bestehen,
  • die Delta-Variante zwar insgesamt ansteckender ist, aber nicht zu schwereren Krankheitsverläufen bei Kindern und Jugendlichen führt. Kinder und Jugendliche sind nach aktuellem Kenntnisstand unabhängig von den Varianten selten schwer betroffen,
  • die Konsequenzen fehlender Bildungsangebote und -chancen eine hohe Belastung der sozial-emotionalen Entwicklung von vielen Kindern und Jugendlichen sind und die psychischen und körperlichen Einschränkungen im Zuge von Schulschließungen eine sehr ernst zu nehmende und konkrete Gefahr für deren soziale und emotionale Gesundheit darstellen.

Den Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen (und ihren Familien) muss jetzt höchste Priorität eingeräumt werden, gerade weil sie in der Vergangenheit auf viele Freiheiten und Möglichkeiten der Persönlichkeitsentfaltung haben verzichten müssen. Denn in den beiden vergangenen Schuljahren haben die Schülerinnen und Schüler mangels Impfmöglichkeiten durch Wechselunterricht und Schulschließungen und den damit verbundenen Kontaktreduzierungen ihren Beitrag zum Schutz der gesamten Bevölkerung geleistet. Die entscheidende Stellschraube für die Eindämmung der Pandemie und den Schutz von Menschen, die sich nicht impfen lassen können, ist eine möglichst hohe Impfquote unter Erwachsenen. Erwachsene tragen durch ihre Impfung maßgeblich dazu bei, das Infektionsgeschehen auch bei Kindern und Jugendlichen zu reduzieren. Darüber hinaus können auch 12- bis 17-Jährige eine Impfung nach umfassender ärztlicher Beratung in Anspruch nehmen. Die Freiwilligkeit der Annahme dieses Impfangebotes darf dabei nicht in Frage gestellt werden. Die Gesundheitsministerkonferenz hat dies auch durch ihren Beschluss vom 2. August 2021 unterstrichen.

Darüber hinaus leisten die in der S3-Leitlinie formulierten „Maßnahmen zur Prävention und Kontrolle der SARS-CoV-2-Übertragung in Schulen“ nach wie vor einen wichtigen Beitrag zum Gesundheits- und Infektionsschutz sowie zur Sicherstellung von Präsenzunterricht.

  • Schulen wirken weiterhin darauf hin, dass durch die konsequente Umsetzung der Infektionsschutz- und Hygienemaßnahmen je nach Infektionsgeschehen das Infektionsrisiko in Schule für Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte und weiteres Schulpersonal deutlich reduziert wird.
  • Darüber hinaus werden je nach Infektionsgeschehen die Testangebote an Schulen im kommenden Schuljahr fortgesetzt, um potentielle Infektionsketten möglichst frühzeitig zu unterbrechen beziehungsweise ein Bild über das Infektionsgeschehen zu erhalten.
  • Um die Aerosolkonzentration in den Unterrichtsräumen zu mindern, wird in regelmäßigen Abständen während des Unterrichts und in den Pausen quergelüftet. Die gleichzeitige Anwendung von Lüftung und Beachtung der je nach Infektionsgeschehen geltenden Infektionsschutz- und Hygienemaßnahmen ist ausreichend wirkungsvoll für den Infektionsschutz. Qualitätsgeprüfte, mobile Luftfilter können ergänzend eine zusätzliche Wirkung entfalten.

Bei einer im Herbst zu erwartenden, erhöhten Infektionsdynamik muss die Situation vor Ort entscheidend für weitere Schritte sein. Aus Sicht vieler Expertinnen und Experten erscheint die alleinige Orientierung an der Inzidenz (für bestimmte Altersgruppen) aufgrund der Impfquote und bestehender Testkonzepte an Schulen nicht mehr als einziger Bewertungsmaßstab. Die Gesundheitsbehörden sollten angemessen, transparent und einheitlich reagieren. Schulschließungen sollten möglichst vermieden werden und möglichst wenige Schülerinnen und Schüler von Quarantänemaßnahmen betroffen sein.

Wintersemester 2021/22 - Studium vor Ort ermöglichen

Deutschland braucht im Wintersemester 2021/22 ein „Studium vor Ort“, bei dem angesichts fortgeschrittener Impfquote und bei gesicherter medizinischer Versorgung der Präsenzbetrieb unter Berücksichtigung der jeweiligen Bedingungen und Gegebenheiten vor Ort wieder zum Regelfall wird. Die deutschen Hochschulen haben seit März 2020 mit höchstem Einsatz und größter Anpassungsfähigkeit auf die Herausforderungen der Pandemie reagiert. Dabei haben sie die Grundlagen für zukunftsweisende digitale Lehre und eine Forschung unter völlig veränderten Bedingungen gelegt. Von diesem digitalen Entwicklungsschub wird auch künftig die Hochschullehre massiv profitieren.

Angesichts steigender Impfquoten und der nunmehr flächendeckenden Impfmöglichkeiten für Erwachsene soll im Wintersemester der Präsenzbetrieb wieder zum Regelfall werden. Erneute einschränkende Maßnahmen sollten dabei im Rahmen eines Gesamtkonzepts der Pandemiebekämpfung nur als letzter Schritt in Erwägung gezogen werden.

Drei Semester wurden weitgehend digital durchgeführt. Dies ist angesichts der Impfmöglichkeit für die Erwachsenen nicht mehr erforderlich. Zwar ist mit den digitalen Angeboten ein weitgehend ordnungsgemäßes Studium ermöglicht worden, doch das Studieren, Lehren und Forschen lebt vom direkten Kontakt und Austausch durch das „Studium vor Ort“. Die psycho-sozialen Auswirkungen (nicht nur für die Studierenden) sind durch weitere pandemiebedingte Einschränkungen nach Möglichkeit auszuschließen. Die räumlichen Gegebenheiten und die verlässliche Umsetzung von Hygienekonzepten und Beachtung von Hygieneregeln sichern gute Voraussetzungen für den Gesundheitsschutz.

Möglichst viele Studierende müssen überzeugt werden, vom Impfangebot Gebrauch zu machen. Der Zugang zu Präsenzveranstaltungen kann vom Nachweis einer Impfung, einer Genesung bzw. eines negativen Tests (3-G-Prinzip) abhängig gemacht werden, wenn es der Infektionsschutz vor Ort erfordert.

Bei der Raumbelegung sind analog zum Schulbetrieb Ausnahmen vom Mindestabstand von 1,5 Metern nötig. Einen ersten Schritt kann die Anwendung der Sitzordnung im „Schachbrett“ darstellen, die regelmäßig immerhin die Nutzung der Hälfte der Raumkapazität zulässt. In Anbetracht der fortschreitenden Impfkampagne und unter Berücksichtigung der lokalen Gegebenheiten können weitergehende Ausnahmen bis hin zur Aufhebung des Mindestabstands geregelt werden. Durch medizinische Masken und geeignete Lüftungskonzepte kann der Schutz, ggf. orientiert am Infektionsgeschehen, weiter verstärkt werden. Auf der Grundlage der konsequenten Beachtung der Hygieneregeln und dem 3-G-Prinzip, das insbesondere bei entsprechend hoher Impfquote der Studierenden auch Stichproben-Lösungen einschließt, liegt die Ausgestaltung und Durchführung des Studiums vor Ort in der Hand der Hochschulen.

Für das Studium vor Ort benötigen die Hochschulen Planungssicherheit. Der noch im Vierten Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vorgesehene Mechanismus, Präsenzveranstaltungen bei Überschreiten bestimmter Inzidenzwerte zu untersagen, mindert diese Planungssicherheit erheblich. Gerade für Studienanfängerinnen und Studienanfänger sowie die Abschlussjahrgänge und auch bei Lehrveranstaltungen mit hohem diskursivem oder praktischem Anteil muss ein „Studium in Präsenz“ möglich sein. Die Möglichkeit, sich rechtzeitig vor Semesterbeginn impfen zu lassen, und das inzwischen in Deutschland erreichte hohe Impfniveau, insbesondere in den besonders vulnerablen Gruppen, haben dafür gesorgt, dass automatische, starke Eingriffe inzwischen in weiten Teilen nicht mehr nötig sind. Über die genannten Regelungen hinaus kommen Einschränkungen des Studiums vor Ort daher allenfalls noch in Ausnahmesituationen in Betracht, in denen unter Berücksichtigung der Impfquote und der Auslastung der Intensivkapazität der Krankenhäuser festgelegte Risikowerte überschritten werden.