Kultusminister Konferenz

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KMK verabschiedet zukunftsweisende Ländervereinbarung und richtet Ständige wissenschaftliche Kommission ein / Hubig: „Ein historischer Tag für die Bildung in Deutschland“

Die KMK hat bei ihrer 371. Plenarsitzung am 15.10.2020 eine Ländervereinbarung über die gemeinsame Grundstruktur des Schulwesens und die gesamtstaatliche Verantwortung der Länder in zentralen bildungspolitischen Fragen beschlossen und wird diese in einem nächsten Schritt der Ministerpräsidentenkonferenz vorlegen.

Beschrieben werden in insgesamt 44 Artikeln zentrale Fragen der Qualitätssicherung, übergreifende Grundsätze der Bildung und Erziehung in den Ländern, die Aufgaben der an Schule Beteiligten, allgemeine Regelungen wie die Ferienregelung, die Gliederung und Organisation des Schulsystems und Fragen der Lehrerbildung.

Dr. Stefanie Hubig, Präsidentin der Kultusministerkonferenz und rheinland-pfälzische Bildungsministerin: „Heute ist ein historischer Tag für die Bildung in Deutschland. Die KMK hat mit der Ländervereinbarung und mit der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission wegweisende Entscheidungen getroffen, die weit über den heutigen Tag hinauswirken und den Bildungsstandort Deutschland nachhaltig stärken werden. Die Menschen haben den Wunsch nach mehr Einheitlichkeit bei der Bildung und diesem Wunsch kommen wir nach. Wir legen eine Ländervereinbarung vor, die sich ganz klar zur Zusammenarbeit der Länder bekennt und uns zu mehr Transparenz, Verlässlichkeit und Vergleichbarkeit führt. Im Vordergrund stehen die Qualität und die inhaltliche Weiterentwicklung des gesamten Bildungswesens. Das war ein Kraftakt für alle Beteiligten, aber wir haben es geschafft – neben dem Management einer Krise, wie sie das Nachkriegsdeutschland noch nicht erlebt hat. Die Ergebnisse der heutigen KMK-Sitzung zeigen, dass der deutsche Bildungsförderalismus stark ist. Die Ländervereinbarung betont die gemeinsame Struktur des Bildungssystems in Deutschland und den Willen über die gesamte Bildungskette hinweg noch mehr zusammenzuwachsen.“

Susanne Eisenmann, baden-württembergische Kultusministerin und Koordinatorin der unionsgeführten Bildungsministerien: „Mit der Vereinbarung schaffen wir mehr Verbindlichkeit in der länderübergreifenden Verantwortung für das Bildungswesen. Qualität - Vergleichbarkeit - Transparenz. Das sind unsere gemeinsamen Ziele, die uns von Anfang an dabei geleitet haben. Nach intensiven Verhandlungen haben wir uns auf länderübergreifend einheitliche Standards und verbindliche Regelungen in der Bildung geeinigt. Das ist ein wichtiger Schritt, um die Stärken unseres föderalen Bildungswesens für die Zukunft leistungsfähig zu machen.“

Ties Rabe, Hamburgs Bildungssenator und Sprecher der SPD-Kultusminister: „Ich freue mich besonders, dass die Ländervereinbarung unter anderem die bessere Vergleichbarkeit der Schulabschlüsse und Schulformen zwischen den Ländern regelt. So verabreden wir beispielsweise neue und wegweisende Schritte zur Angleichung des Abiturs. Ab 2023 sollen in allen Ländern 50 Prozent aller schriftlichen Abituraufgaben in den Kernfächern aus einem gemeinsamen, länderübergreifenden Aufgabenpool entnommen werden. Ab 2025 wird diese Regelung auch auf die naturwissenschaftlichen Fächer ausgeweitet. Zugleich sollen die Regelungen der Oberstufen angeglichen werden. Auch in anderen Bereichen der Bildung setzt die Ländervereinbarung neue Impulse. So vereinbaren wir eine Stärkung der Rolle der Frühkindlichen Bildung und weitere Maßnahmen zur strukturellen Vergleichbarkeit der Sekundarstufe I.“

Besonders hervorzuheben ist, dass mit dem Abkommen die Länder eine „Ständige Wissenschaftliche Kommission der Kultusministerkonferenz“ einrichten. Aufgabe dieser Einrichtung ist die Beratung der Länder in Fragen der Weiterentwicklung des Bildungswesens und des Umgangs mit seinen Herausforderungen, insbesondere bei der Sicherung und Entwicklung der Qualität, bei der Verbesserung der Vergleichbarkeit des Bildungswesens sowie bei der Entwicklung mittel- und längerfristiger Strategien zu für die Länder in ihrer Gesamtheit relevanten Bildungsthemen. Die Ständige Wissenschaftliche Kommission nimmt eine interdisziplinäre, längerfristige, systemische Perspektive entlang der Bildungsbiografie ein. Sie wird zunächst befristet eingerichtet. Über die Fortsetzung der Einrichtung wird auf der Grundlage einer Evaluation entschieden. Näheres wird durch eine Verwaltungsvereinbarung geregelt.

In Verbindung mit der Ländervereinbarung haben sich die Länder in der Kultusministerkonferenz auf eine Reihe von „Politischen Vorhaben“ verständigt, die in den nächsten Jahren umgesetzt werden sollen. Exemplarisch sind zu nennen:

  • Im Bereich der Qualitätssicherung verpflichten sich die Länder, die in der Gesamtstrategie der Kultusministerkonferenz beschriebenen Instrumente (Bildungsstandards, nationale und internationale Vergleichsstudien, Abituraufgabenpool, Vergleichsarbeiten, Bildungsberichterstattung) zu nutzen und sie in landesspezifische, kohärente Systeme der Qualitätssicherung und -entwicklung einzubinden.
  • Die Länder verfolgen die in der Strategie „Bildung in der digitalen Welt“ und dem DigitalPakt Schule vereinbarten Ziele konsequent weiter: Curriculare Verankerung der fachdidaktischen Kompetenzen zur Nutzung digitaler Medien in der Lehramtsausbildung, Digitale Lehr- und Lernmittel für alle Fächer und Klassenstufen bis 2025, Verbindliche technische Schnittstellen zwischen den Medienportalen der Länder und Schulträger und den Plattformen von Anbietern von Bildungsmedien (Art.14)
  • Die Kultusministerkonferenz überarbeitet im Lichte der Ergebnisse der einschlägigen Schulleistungsvergleiche die „Empfehlungen zur Arbeit in der Grundschule“ bis zum Jahr 2022. Dabei verständigt sie sich auch auf einen Gesamtstundenrahmen und einen Mindeststundenumfang in den Fächern Deutsch, Mathematik und Sachunterricht sowie die Vermittlung einer verbundenen Handschrift, der ein normiertes, schreibmotorisches Konzept zugrunde liegt, und einen einheitlichen Rechtschreibrahmen. (Art.28.)
  • Die Kultusministerkonferenz überarbeitet die „Vereinbarung über die Schularten und Bildungsgänge im Sekundarbereich I“ bis zum Jahr 2022 grundlegend und trifft dabei insbesondere verbindliche Festlegungen zur klaren Strukturierung bzw. Gliederung des Sekundarbereichs I nach Bildungsgängen: Verständigung auf Kategorien und einheitliche Benennung der Abschlüsse (Erster Schulabschluss, Mittlerer Schulabschluss), Überprüfung der Möglichkeit einheitlicher Namensgebung für die Schularten (hinter derselben Bezeichnung soll auch die gleiche Schulart und der gleiche Schulabschluss stecken) (Art. 29)
  • Die Länder gleichen ihre Rahmenvorgaben für die Gestaltung der Gymnasialen Oberstufe weiter an. Sie legen bis zum Jahr 2023 eine genaue Anzahl verpflichtend zu belegender und in die Gesamtqualifikation einzubringender Fächer einschließlich ihrer Gewichtung fest. Sie verständigen sich darüber hinaus auf eine einheitliche Anzahl zu wählender Fächer auf erhöhtem Anforderungsniveau. Des Weiteren verständigen sich die Länder auf einheitliche Regelungen zur Leistungsermittlung in den vier Schulhalbjahren der Qualifikationsphase. (Art. 30)
  • Beim Abituraufgabenpool verständigen sich die Länder darauf, dass die Poolaufgaben und Entnahmemodalitäten so gestaltet werden, dass die Verwendbarkeit der Aufgaben für jedes Land sichergestellt wird und dass spätestens zur Abiturprüfung 2023 (Deutsch, Mathematik, Englisch, Französisch) bzw. zur Abiturprüfung 2025 (Biologie, Chemie, Physik) jeweils fachspezifisch verbindliche Regeln zur quantitativen Entnahme aus dem gemeinsamen Aufgabenpool gelten. Dabei ist eine Entnahme von mindestens 50 Prozent zu erreichen. Darüber hinaus soll der Aufgabenpool so weiterentwickelt werden, dass auch eine Entnahme von 100 Prozent der Aufgaben möglich ist. (Art. 30)
  • Zur Stärkung der beruflichen Schulen in einer sich rasant wandelnden Wirtschafts- und Arbeitswelt regen die Länder einen gemeinsamen „Pakt für berufliche Schulen“ an, der die Arbeit der Enquete-Kommission „Berufliche Bildung in der digitalen Arbeitswelt“ des Deutschen Bundestages aufgreift, um damit den notwendigen Modernisierungsrahmen für die berufliche Bildung zu schaffen. (Art. 31)
  • Die Länder setzen ihre Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung der Lehrerbildung gemeinsam fort. Die Länder verständigen sich überdies darauf, bis zum Jahr 2022 ein Qualifikationsprofil für Schulleitungen als Grundlage für entsprechende Fortbildungsprogramme zu erarbeiten. Die Länder verpflichten sich, ihre Vereinbarung aus dem Jahr 2013 zur Erhöhung der Mobilität und Qualität von Lehrkräften bei dem Zugang zum Vorbereitungsdienst und in den Schuldienst konsequent umzusetzen. (Art. 34, 35, 36, 37 und 38))
  • Zur verwaltungspraktischen Umsetzung der Mobilität stellen die Länder sicher, dass sich Personen, die in Bewerbungsverfahren aufgrund fehlender bzw. abweichender schulischer Qualifikation abgelehnt wurden oder für die sich Fragen des Schulwechsels von Schülerinnen und Schülern in ein anderes Land stellen, ab dem Jahr 2021 an eine zentrale Ansprechstelle im Sekretariat der Kultusministerkonferenz wenden können.

Hintergrund:

Die Ländervereinbarung tritt an die Stelle des „Abkommens zwischen den Ländern der Bundesrepublik auf dem Gebiete des Schulwesens“ (sog. Hamburger Abkommen) vom 28.Oktober 1964 i. d. F. vom 14. Oktober 1971. Dieses 50 Jahre alte Abkommen der Ministerpräsidenten wurde in den letzten Jahrzehnten von der Kultusministerkonferenz weiterentwickelt, wenn es jeweils aktuelle Herausforderungen verlangten. Das Abkommen stellt die Zusammenarbeit der Länder auf eine gemeinsame Grundlage.