Kultusminister Konferenz

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Stabile Ergebnisse bei zunehmenden Herausforderungen – Lesen muss gestärkt werden

Die Leseleistungen der Viertklässlerinnen und Viertklässler in Deutschland sind seit 2001 stabil über dem internationalen Mittelwert - trotz einer zunehmenden Heterogenität der Schülerschaft. Dies zeigen die Ergebnisse der Internationalen Grundschul-Lese-Untersuchung 2016. Allerdings ist es Deutschland nicht gelungen, seine Position in der internationalen Rangfolge zu halten.

"Die Ergebnisse bestätigen tendenziell das, was wir aus dem im Oktober 2017 veröffentlichten IQB-Bildungstrend 2016 bereits wissen: Die zunehmend heterogene Schülerschaft stellt die Grundschulen in Deutschland vor große Herausforderungen. Der internationale Vergleich zeigt, dass es einer Reihe von Staaten im Grundschulbereich besser gelingt, die Leseleistungen zu verbessern. Diesen Fortschritt gilt es zu analysieren", so die Präsidentin der Kultusministerkonferenz und Ministerin für Kultus, Jugend und Sport des Landes Baden-Württemberg, Dr. Susanne Eisenmann.

Die Staatssekretärin im Bundesministerium für Bildung und Forschung, Cornelia Quennet-Thielen, stellt fest: "Die Ergebnisse zeigen: Erfolg ist nicht selbstverständlich. Deutschland muss sich mehr anstrengen, damit die Leistungen der Grundschulkinder besser werden. Die Bildungsgerechtigkeit muss gestärkt und die Integration der Kinder mit Migrationshintergrund verbessert werden."

Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick

  • Die Leseleistungen der Viertklässlerinnen und Viertklässler in Deutschland haben sich gegenüber der ersten Erhebung (2001: 539 Punkte) nicht signifikant verändert (2016: 537 Punkte). Sie liegen über dem internationalen Mittelwert (521 Punkte), im Bereich des EU- (540 Punkte) und OECD-Durchschnitts (541 Punkte). Während 2001 nur vier Staaten signifikant höhere Leistungsmittelwerte als Deutschland erzielten, waren es 2016 jedoch zwanzig.
  • Der Anteil der im Lesen leistungsstarken Schülerinnen und Schüler (Kompetenzstufe V) in Deutschland ist von 8,6 % (2001) deutlich auf 11,1 % im Jahr 2016 gestiegen. Ebenfalls gestiegen ist allerdings auch der Anteil der im Lesen leistungsschwachen Viertklässlerinnen und Viertklässler (unter Kompetenzstufe III: 2001: 16,9 %; 2016: 18,9 %).
  • Die meisten Viertklässlerinnen und Viertklässler in Deutschland verfügen über eine hohe Lesemotivation, die jedoch im Vergleich zu 2001 und insbesondere bei den leseschwachen Kindern etwas geringer ausgeprägt ist.
  • Der Leistungsvorsprung der Mädchen gegenüber den Jungen beträgt in Deutschland insgesamt 11 Punkte und ist im internationalen Vergleich eher klein. Die geschlechtsspezifischen Unterschiede zugunsten der Mädchen haben sich seit 2001 kaum geändert. Dies gilt neben Deutschland für fast alle Teilnehmerstaaten.
  • Gemessen an der Anzahl der Bücher im Haushalt und dem Berufsstatus der Eltern gehört Deutschland weiterhin zu den Staaten, in denen die sozialbedingten Leistungsunterschiede am höchsten ausfallen.
  • Da sowohl Kinder ohne Migrationshintergrund als auch Kinder mit Migrationshintergrund bessere Leistungen erzielen, haben sich die migrationsbedingten Unterschiede seit 2001 kaum verändert. 2016 entspricht der Leistungsnachteil von Kindern mit Migrationshintergrund in etwa dem Lernzuwachs eines halben (24 Punkte; ein Elternteil im Ausland geboren) bzw. eines ganzen Schuljahres (48 Punkte; beide Elternteile im Ausland geboren).

Bildungspolitische Folgerungen

Die Ergebnisse der Studie unterstreichen ein weiteres Mal die Bedeutung von Maßnahmen der Sprachförderung, die im schulischen und vorschulischen Bereich weiter zu intensivieren sind. Lesen muss als Querschnittsaufgabe aller Schulfächer - auch noch in der Sekundarstufe I - verstanden werden. Die zunehmende Heterogenität der Schülerschaft macht es unabdingbar, alle Schülerinnen und Schüler bestmöglich individuell zu unterstützen. Dabei bedarf es einer gezielten Förderung von Schülerinnen und Schülern mit besonderen Schwierigkeiten im Lesen. Gleichzeitig darf auch die Leistungsspitze nicht aus dem Blick geraten. Für den Umgang mit der zunehmenden Vielfalt im Klassenzimmer brauchen Lehrkräfte spezielle didaktische und diagnostische Kompetenzen, die verstärkt nicht nur in der Ausbildung, sondern auch in der Fortbildung vermittelt werden müssen.

KMK-Präsidentin Dr. Susanne Eisenmann: "Lesen ist eine grundlegende Kulturtechnik und der Schlüssel zum Bildungserfolg. Dementsprechend werden wir das Lesen innerhalb der Schule und über alle Fächer hinweg weiter stärken. Zugleich gilt es, in der Schule Anregungen zu setzen, dem Lesen auch in Freizeit und Elternhaus wieder einen höheren Stellenwert zu verleihen. Schulen sollten Eltern dabei unterstützen, ihren Kindern Lesegelegenheiten zu bieten."

"Besonders wichtig ist, dass Lehrerinnen und Lehrer mehr gesellschaftliche Wertschätzung erfahren, vor allem im Grundschulbereich. Wir müssen die Lehrkräfte so gut wie möglich ausbilden und auf die neuen gesellschaftlichen Herausforderungen vorbereiten. Der Unterricht ist heute anspruchsvoller als früher, weil die Vielfalt in den Grundschulen größer geworden ist. Außerdem müssen die Eltern konsequent einbezogen werden. Nur so können sie ihre Kinder wirksam unterstützen", sagt Staatssekretärin Cornelia Quennet-Thielen.

Zur Anlage der Studie

Deutschland nimmt seit dem Jahr 2001 an der Progress in International Reading Literacy Study (PIRLS) bzw. der Internationalen Grundschul-Lese-Untersuchung (IGLU) teil, die das Leseverständnis der Schülerinnen und Schüler, ihre Einstellung zum Lesen und ihre Lesegewohnheiten am Ende der Grundschulzeit erfasst. PIRLS/IGLU wird in einem fünfjährigen Rhythmus durchgeführt. Die nächste Erhebung findet im Jahr 2021 statt.

An PIRLS/IGLU 2016 haben insgesamt 47 Staaten und 10 Regionen teilgenommen. In Deutschland wurden 4.277 Schülerinnen und Schüler aus 208 Schulen in die Untersuchung einbezogen.
Auf internationaler Ebene ist die International Association for the Evaluation of Educational Achievement (IEA) Initiator und verantwortlich für die Organisation. National wurde PIRLS/IGLU 2016 unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Dr. Wilfried Bos, Institut für Schulentwicklungsforschung (IFS) an der Technischen Universität Dortmund, durchgeführt.

Zum nationalen Berichtsband

Zusammenfassung der Ergebnisse

Sie finden beide Dokumente auch auf der Seite der Fakultät für Erziehungswissenschaft, Psychologie und Soziologie der TU Dortmund.